Der Geist der Unabhängigkeit

Stärkung für den Weg

„Und darum danken auch wir Gott unablässig, daß, als ihr von uns das Wort der Kunde von Gott empfingt, ihr es nicht als Menschenwort aufnahmt, sondern, wie es wahrhaftig ist, als Gottes Wort, das in euch, den Glaubenden, auch wirkt…“

(1. Thes. 2,13) 

Normalerweise würden wir sagen, Unabhängigkeit und Selbstbestimmung ist eine gute Sache und ein erstrebenswertes Ziel. Niemand von uns möchte heute in unnötigen Abhängigkeiten stecken, die ihn persönlich unfrei machen und in denen er sogar dominiert und manipuliert wird. Durch negative Geschehnisse dieser Art in christlichen Kirchen und  Gemeinden, sind in den vergangenen Jahrzehnten viele Gläubige stark senibilisiert und zum Teil verletzt worden. Heute ist für uns Freiheit und Unabhängigkeit von Fremdbestimmung ein  hohes Gut und das nicht nur in der Gesellschaft, sondern auch in der christlichen Gemeinde. Trotzdem gibt es Ausnahmen und Grenzen, wo wir bereit sein müssen, unsere Unabhängigkeit zum Teil aufzugeben. Im besonderen Maße trifft das auch auf die Gemeinde Jesu zu, wo wir zusammen mit den anderen Gliedern einer gemeinsamen Bestimmung folgen sollen.  

Diesbezüglich können wir aus dem Neuen Testament lernen. So standen die Thessaloniker in einem engen und guten Verhältnis zu Paulus. Seine Worte und seine Lehren wurden von ihnen nicht als Menschenwort aufgenommen, sondern als Wort, das direkt von Gott kam.  Petrus ermahnte passend zu solchen Situationen: „Wenn jemand redet, so rede er es als Aussprüche Gottes.“ (1.Petr.4,11/ Rev.Elb.Üb.) Paulus war ein von Gott eingesetzter Apostel, der zu den  Gläubigen der Gemeinde in Thessaloniki in einer von Gott gegebenen Autorität sprach.  Die Gläubigen dort folgten seiner Unterweisung und seiner Lehre,  weil in ihr eine besondere Vollmacht wirksam wurde.  Sie ordneten ihre eigene Meinung und Sicht über das Evangelium der Lehre des Paulus unter. Nicht alle Gemeinden und nicht alle Christen  folgten damals diesem Beispiel. Wir wissen, daß Paulus auch viel Widerspruch und Angriff erdulden musste, sogar aus Gemeinden, die er selbst gegründet hatte. Es war damals nicht anders als heute und die hellenistische Welt jener Tage war genauso aufgeklärt und demokratisch, zumindest, was das Denken betrifft.

Es gibt heute viele Christen, die in der Rede eines berufenen Diener Gottes nicht das Wort von Gott hören, sondern sie halten es für Menschenwort, das aus dem eigenen Denken und Fühlen des Autors kommt. In demokratischer Weise setzen sie dann ihre eigene Meinung dem Wort entgegen, oder wollen es mit ihrer Meinung ergänzen. Leider können sie die göttliche Wahrheit nicht ergreifen weil sie das Gesagte nicht als Wort Gottes erkennen. Diesen Sachverhalt verstehen wir noch besser, wenn wir in Röm.10,17 lesen: „Also ist der Glaube aus der Verkündigung, die Verkündigung aber durch das Wort Christi (Gottes).“Die griechische Übersetzung für Verkündigung ist hier auch: „Ohr, Gehör, Hören, Ruf“. Der Glaube kommt demnach aus dem, was jemand tatsächlich gehört hat. Wer in der Rede eines Boten das Wort Gottes nicht hört, für den ist es lediglich Menschenwort und damit eigene Meinung – das macht einen großen Unterschied. Dann kann man nämlich darüber diskutieren und die Meinungen relativieren, um einen Kompromiss zu finden. Das ist aber nicht der Charakter des Königreiches Jesu. Ich sehe, daß es heute viele Christen und Gemeinden in unserem Land gibt, die auf diese Ebene des allgemeinen Meinungsaustausches und der Demokratie hinuntergesteigen sind. Sie haben aufgehört dem Wort, das sie von Gott durch den Mund eines „Propheten“ gehört haben, zu gehorchen und häufen sich stattdessen Lehren und Meinungen an, die ihnen gefallen. Das ist es, was ich verstärkt beobachtet habe.

Natürlich ist es die Verantwortung jedes einzelnen Christen, zu unterscheiden und das Wort Gottes in der Botschaft zu hören, um ihm zu folgen. Das hat mit Vertrauen und mit einer Entscheidung zu tun, die jeder für sich und vor Gott zu treffen hat. Nur wenn das Wort sich mit Glauben verbindet, kann es „gehört“, bzw. wahrgenommen werden. Siehe Hebr. 4,2 (Rev. Elb. Üb.): „Denn auch uns ist eine gute Botschaft verkündigt worden, wie auch jenen; aber das gehörte Wort nützte jenen nicht, weil es bei denen, die es hörten, sich nicht mit dem Glauben verband.“ Jeder Gläubige ist frei und unabhängig, seine Sicht und seine Meinung in einer Sache zu behalten, doch wenn er  in Verbindung mit dem kooperativen Leib Jesu bleiben will und den Willen Gottes tun will, dann geht es nur, wenn er seinen souveränen Status aufgibt, den von Gott gesandten Boten akzeptiert,  das Wort aufnimmt und sich ihm unterordnet. Sich unterordnet, wohlbemerkt dem Wort, nicht dem Boten. Paulus sprach davon, dass er als Herold und Lehrer der Nationen spricht (1. Tim.2,7), also im Auftrag des Königs Jesus Christus. So gibt es auch heute Herolde, Apostel und Lehrer, die von Gott eingesetzt sind, den Ratschluss Gottes zu verkünden.

Das Reich Gottes, die Gemeinde ist keine Demokratie, in der wir durch Opposition und Regierung eine gemeinsame Kompromisslösung finden, um die Geschicke zu lenken. Vielmehr ist es ein Königreich, das von einem übergeordneten Hauptqaurtier gelenkt wird. Das Haupt ist der König Jesus Christus, der zur Zeit immer noch zur rechten des Vaters sitzt. Er hat Einzelne hier auf Erden bestimmt und eingesetzt, seinen Willen dem ganzen Leib mitzuteilen und durch ihren Dienst den Heiligen zu helfen. So lesen wir in Eph. 4,11 (Rev. Elb. Üb.):

„Und er hat die einen als Apostel gegeben und andere als Propheten, andere als Evangelisten, andere als Hirten und Lehrer, zur Ausrüstung der Heiligen für das Werk des Dienstes, für die Erbauung des Leibes Christi.“

Wir sind uns einig in der Bewertung und Kritik des institutionellen Gemeindesystems, daß dort viel zu lange Autorität und Struktur missbraucht wurde, um einzelne Gläubige in falscher Abhängigkeit  zu halten. Wir dürfen aber nicht „das Kind mit dem Bad ausschütten“ und uns deshalb ganz frei machen von geistlicher Autorität, denn dann sind wir nicht mehr offen für Korrektur und Unterweisung, die wir zum geistlichen Wachstum brauchen.  Hier müssen wir unsere Unabhängigkeit aufgeben und uns in den Leib einrenken lassen, bzw. uns als lebendige Steine aufbauen lassen zu einem geistlichen Leib.  

Richard Schutty, 13.5.2014

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